Die bayerische Künstlerin Siglinde Schelkle mit Atelier in Nussdorf am Inn hat eine favorisierte Brandart bei der Herstellung von keramischen Kunstwerken neu umgesetzt. Sie nutzt die in Japan seit dem 16. Jahrhundert entwickelte Technik des Rakubrands. Hierbei werden Tonteile in einer kunstvollen und eigenständigen Machart hergestellt. Die in Japan entwickelte Technik wurde hauptsächlich für die künstlerische Herstellung von exklusiven Teegeschirren genutzt. Inspiriert von dieser Technik arbeitet Siglinde Schelkle nun, um fantasievolle Skulpturen zu kreieren.
Nach dem ersten Rohbrand werden die Teile mit einer Glasur versehen und ein zweites Mal gebrannt. Mit einer wärmeresistenten Zange werden die 1000 Grad Celsius heißen Teile aus der Brennkammer des Ofens entnommen und sogleich in ein Bett aus Sägemehl eingelegt und damit bedeckt. Die Besonderheit ist, dass das Sägemehl dann zu brennen anfängt und der sich bildende Rauch in die obersten Schichten der Glasur eindringt, welches zu sehr fantasievollen Verfärbungen führt. Diese sind bewusst meist schwarz-weiß oder sie führen dazu, dass farbige Glasuren ein filigranes Krakelee, also feinste Risse erhalten. Der Rauch des Sägemehls färbt die Tonwaren und gibt ihnen einen unnachahmlichen Charakter. Das Faszinierende am Rakubrand ist, dass sowohl kalkulierbare als auch unkalkulierbare Effekte entstehen. Der schwarze Rauch, der in die Risse eindringt ist gewollt. Es ist der Kohlenstoff, der die Färbung hervorruft. Hingegen können andere Flächen sich vollkommen anders verfärben, was den künstlerischen Reiz ausmacht.
Siglinde Schelke ist von dieser Technik so begeistert, dass sie ihren Kreationen damit ein völlig neuartiges Aussehen verleiht. So erschafft sie wundersame Köpfe und Feen- und Tiergestalten mit gehörnten Applikationen, die neben einer klaren Mimik eine gewisse Mystik und Eigenständigkeit ausstrahlen. Die dabei entstehenden Gesichter vermitteln dem Betrachter eine angenehme Ruhe und Gelassenheit. Jedes Teil ist ein Unikat. Die durch den Rakubrand sich ergebenden kupferfarbenen Flächen sowie feinste Risse über die Körperflächen verteilt, bereiten immer wieder Freude neu angeschaut und entdeckt zu werden.
Die Künstlerin sagt von sich selbst über diese spannende Arbeit am Brennofen: "Es ist ein wunderbarer Wow-Effekt die Skulpturen nach dem Erkalten zu betrachten und ihre Schönheit zu erkennen – aber, und das kommt leider auch vor, es kann auch eine Enttäuschung sein und damit Schrott". Die Künstlerin stellt ihre Kunstwerke auf der ARTMUC in München aus. Sie verbindet ihre Kopfgestalten und Tierformen mit Stelen aus alten Holzbalken oder Schwemmholz, welches gewollt archaisch wirkt und den Skulpturen eine noch stärkere Faszination verleiht. Die Preise der Skulpturen liegen zwischen 2.500 und 3.500 Euro.