Josef Dreisörner ist ein Foto- und Digitalkünstler aus München. Vor 10 Jahren hat er begonnen, sich mit der analogen Schwarzweissfotografie zu beschäftigen. Sein Werkzeug der Wahl war dabei ein sehr ungewöhnlicher Fotoapparat. Es handelte sich um eine Klimsch Praktika Reprokamera, Baujahr 1957. Diese Großbildkamera hat ein Bildformat von 50x60 cm. Seine Arbeit vollzog sich damit traditionell im Studio und in der Dunkelkammer. Josef Dreisörner schätzt den kreativen Schaffensprozess, der mit dem analogen Film einhergeht. Dieser sei zwar aufwendig und mühsam, führe aber bei sorgfältiger Arbeitsweise zu exzellenten und unvergleichlichen Resultaten. Zu seinen bevorzugten Sujets gehörten in dieser Phase Portraits und Stillleben.
Vor einiger Zeit hat Josef Dreisörner auch damit angefangen, sich mit KI-Kunst zu beschäftigen. Gegenwärtig sind KI-Anwendungen im Begriff, die Kunstwelt zu revolutionieren. Beinahe wie von selbst können Computerprogramme auf Knopfdruck beeindruckende Kunstwerke erzeugen. Für Josef Dreisörner, der sich bisher dem Stilmittel der klassischen Schwarzweissfotografie und der Dunkelkammerarbeit bedient hatte, konnte der Wandel also kaum größer sein. Auf die Idee, sich auch der KI-Kunst zu widmen, kam er durch einen Zufall. Er hatte gerade mit seiner Großbildkamera eine Serie von sechs Bildern abgeschlossen und stellte sich dann die Frage, wie wohl eine KI dieselben Motive interpretieren würde. Die Ergebnisse sind durchaus beeindruckend.
Auf den Bildern sind Roboter zu sehen, die zwar aufgrund ihrer Konstruktion eindeutig als Maschinenwesen zu erkennen sind, aber unverkennbar auch typische Merkmale einer sich selbst bewussten Persönlichkeit aufweisen. Eines dieser Bilder zeigt einen solchen Androiden dabei, wie er gerade an einer Staffelei steht und mit Pinsel und Tuschkasten von sich ein Selbstportrait anfertigt. Ein anderes Bild zeigt einen Androiden, der in eine Art Heiligengewandt gekleidet ist und dem als Stilmittel eine Miniaturfigur des ikonischen „Robocop“ zur Seite steht. Josef Dreisörner bezeichnet dies als eine Variation des klassischen Gnadenbildes aus dem Mittelalter. Ein drittes Bild zeigt einen offenbar männlichen Androiden, der einem weiblichen Cyberwesen eine rote Rose überreicht.
Für Josef Dreisörner stellt die KI keineswegs eine Konkurrenz oder gar Bedrohung für die etablierte Kunst dar. Er sieht in der KI lediglich ein weiteres Werkzeug, so wie auch eine Kamera ein Werkzeug in den Händen des Künstlers darstellt. Die KI kann ihm dabei helfen, seine Ideen in Bilder umzusetzen und dadurch anderen Menschen zu vermitteln. Anders als der Begriff dies suggeriert, hat eine KI für Josef Dreisörner auch nichts Intelligentes. Sie sei gegenwärtig auch nicht mehr als ein stupides Computerprogramm, das mit Input-Befehlen ein Bild erzeugt.
Die gegenwärtige Aufruhr um KI scheint damit vergleichbar zu der Revolution, die vor 20 Jahren Photoshop in der Kunst- und Fotografie-Szene verursacht hat. Allerdings hat auch Photoshop den klassischen Realismus in der Fotografie nicht obsolet gemacht. Daher sei dies auch von der KI nicht zu erwarten. Um eine KI dazu zu bringen, exakt das Resultat zu erbringen, das er sich zuvor im Geiste vorgestellt hat, gehöre zudem sehr viel Arbeit, so Josef Dreisörner. Die Kreativität liege letzten Endes immer noch beim Künstler. Dies beziehe sich allerdings nur auf die anspruchsvolle Kunst. Dass KI heute auf dem Feld einfacher grafischer Darstellungen durchaus eine enorme Konkurrenz für etablierte Grafikdesigner darstellt, will Josef Dreisörner gar nicht bestreiten. Er könnte sich vorstellen, dass in diesem Bereich die KI langfristig den menschlichen Faktor komplett ablösen wird. Auf die kreative Kunst treffe dies allerdings nicht zu.