Messe.TV Moderator Jürgen Groh zu Besuch am Messestand des Austrian Institute of Technology. Das AIT ist Österreichs größtes außeruniversitäres Forschungsinstitut mit mehr als 1.200 Mitarbeitern und zeigt auf der Messe InnoTrans 2016 in Berlin neue Entwicklungen. Was kann man sich unter den Innovationen Travel Mode Identification und Experience vorstellen? In unserem Messe TV erfahren Sie es jetzt – bleiben Sie aktuell!
Jürgen Groh: Warum ist das Austrian Institute of Technology auf der InnoTrans? Arno Klamminger: Das AIT ist Österreichs größtes außeruniversitäres Forschungsinstitut mit mehr als 1.200 Mitarbeitern. Die InnoTrans ist eine bedeutende, international besetzte Messe und sehr viele unserer potentiellen Kunden sind hier vertreten. Auch wissenschaftliche Innovationen haben auf der InnoTrans eine starke Präsenz und deshalb sind wir hier. Jürgen Groh: Mit welcher Innovation sind Sie denn angereist? Arno Klamminger: Wir sind mit zwei innovativen Neuheiten hier auf der Messe vertreten. Eine davon ist die TRAVEL MODE IDENTIFICATION. Stellen Sie sich vor Sie fahren als Tourist in eine Stadt, wollen die Stadt besichtigen und dabei öffentliche Verkehrsmittel verwenden. Sie brauchen sich im Vorfeld keine Gedanken machen ob Sie ein Eintages-, Zweitages, Dreitagesticket oder Einzeltickets kaufen. Sie steigen einfach in das Verkehrsmittel ein und nutzen ein beliebiges Verkehrsmittel. Am Ende Ihrer Reise bekommen Sie dann eine Abrechnung die Sie bestätigen, in der Sie optimal entsprechend Ihrer Aufenthalte oder Anzahl der Trips tarifiert werden und danach bezahlen. Das ermöglicht die App TRAVEL MODE IDENTIFICATION im Kern. Jürgen Groh: Dann kommt quasi die große, böse Abrechnung am Schluss? Arno Klamminger: Also die böse Abrechnung wird es nicht sein. Sie müssen das ja auch bestätigen und hoffentlich sind Sie diese ganzen Trips dann auch gefahren. Dabei haben Sie natürlich noch eine Kontrollmöglichkeit und die Möglichkeit das optimale Tarifmodell im Nachgang zu wählen. Jürgen Groh: Datenschützer würden sicher sagen: „Oh, da wird man ja völlig gläsern, da werden ja alle Bewegungsdaten aufgezeichnet in der Stadt.“ Arno Klamminger: Das ist ein absolut berechtigtes Argument, das ist sehr valide, da müssen wir auch aufpassen. Es gibt eine klare Separierung zwischen dem Teil der die Reise identifiziert, klassifiziert und nachvollziehbar macht, weil dies als Basis notwendig ist für die Verrechnung und dem Verrechnungsteil, der von einer Institution gemacht werden muss, wo dann die persönlichen Daten und auch Kreditdaten hinterlegt sind. Die beiden Teile sind voneinander getrennt und das muss auch so sein. Das ist auch in anderen Verrechnungsprozessen die Regel.
Jürgen Groh: Ich habe gelesen, dass Ihre Technologie dann im Hintergrund von anderen Apps funktioniert. Wie kann ich mir das technisch vorstellen? Arno Klamminger: Das kann man sich so vorstellen, dass diese Software Applikation als Teil in eine Plattform integriert wird. In der Plattform können Sie zum Bespiel Ihre Reise planen, sich informieren, aber auch das Ticket buchen bis hin zur Abrechnung. Den Teil, der es in der Applikation ermöglicht festzustellen, mit welchem Verkehrsmittel und wie lange und weit Sie gefahren sind bringen wir ein in die Plattformlösung. Jürgen Groh: Wie funktioniert diese Technologie? Arno Klamminger: Die Technologie funktioniert mit einer reinen auf dem Smartphone basierten Applikation und einer Software können wir acht verschiedene Verkehrsmittel unterscheiden. Vom zu Fuß gehen bis hin zu U-Bahn-, Straßenbahn- oder Zugfahren. Ermöglicht wird das, durch Daten die wir aus den Sensoren des Smartphones abgreifen. Jürgen Groh: Wofür steht das frequency Diagramm hier? Arno Klamminger: Das Diagramm zeigt ein typisches Muster für ein Verkehrsmittel. Hier sehen Sie zum Beispiel einen Bus. Was wir hier sehen ist, wie sich die über den Beschleunigungssensor am Smartphone gemessenen Frequenzen verhalten. Wir können erkennen wie sich ein Bus verhält, also ein typisches Vibrationsmuster ablesen. Wir sehen ein Peak von zwei Herz, das tritt typisch bei einem Bus auf, wenn er in einer Haltestelle steht. Das ist das Brummen, das man auch wahrnehmen kann. Dann gibt es noch einen weiteren Peak in der Größenordnung von zehn Herz, der Tritt dann auf, während der Bus in Fahrt ist. Jürgen Groh: Wer hat denn Interesse an der App? Arno Klamminger: Interesse an der Technologie haben Applikationshersteller oder auch Betreiber von Verkehrsmitteln, die damit ein dynamisches Tarifierungsmodell anbieten können. Jürgen Groh: Das ist ja ein toller Service – kommen da auf mich als User auch Kosten zu? Arno Klamminger: Ganz im Gegenteil, eigentlich sollte durch diese Applikation für Sie die Möglichkeit entstehen, das optimale Tarifmodell zu wählen. Es sollte also eine Ersparnis möglich sein. Alternativ dazu hätten Sie früher vor einer Reise in eine Stadt aufwendig recherchieren müssen. Jürgen Groh: Sie App selbst ist kostenlos? Arno Klamminger: Die App selber ist etwas, das wir dem öffentlichen Verkehrsmittelbetreiber anbieten. Die Kosten sind dann in seinem Businessmodell unterzubringen. Jürgen Groh: Sie haben mir noch von einer zweiten Innovation erzählt. Arno Klamminger: Ganz genau, das AIT präsentiert auf der InnoTrans zwei Innovationen. Die zweite lautet EXPERIENCE, die Ihnen mein Kollege Herr Seer vorstellen möchte.
Jürgen Groh: Grüße Sie Herr Seer. Worum geht es bei EXPERIENCE? Dr. Stefan Seer: Guten Tag. Stellen Sie sich vor, Sie betreten einen Bahnhof und wollen zu einem Ticketautomaten oder zu einem bestimmten Bahnsteig – finden aber nicht die richtigen Informationen, um Ihren Weg zu planen. Hier sehen Sie das System im Hintergrund. Ihnen wird ein 3D Modell aufgebaut von einer U-Bahnstation bzw. einem Teilbereich einer U-Bahnstation. Das ist unsere Demonstration des EXPERIENCE Systems. Jürgen Groh: Wie sind Sie auf den Gedanken gekommen. Das wirkt ja ziemlich futuristisch. Dr. Stefan Seer: Das ist in der Tat recht futuristisch, aber die Vorteile liegen auf der Hand. Wir möchten in einem sehr frühen Stadium die Defizite aufzeigen, die in einem Design entstehen oder auch in Leitsystemen auftreten können. Mit diesem System können wir das. Damit können die Personenflüsse optimiert werden und insgesamt die Zufriedenheit der Nutzerinnen und Nutzer verbessern. Jürgen Groh: Wer ist bei EXPERIENCE Ihre Zielgruppe? Dr. Stefan Seer: Unsere Zielgruppe sind natürlich die Architekten die Infrastrukturen planen, aber selbstverständlich auch Verkehrsplaner und Betreiber von Verkehrsinfrastrukturen. Wir sprechen damit alle Infrastrukturen an, auf denen viele Personen unterwegs sind. Bahnhöfe, Flughäfen oder auch Einkaufszentren. Jürgen Groh: Und wie funktioniert EXPERIENCE? Dr. Stefan Seer: Das können wir Ihnen gerne einmal demonstrieren. Meine Kollegin wird Ihnen das zeigen mit einer VR Brille. Jürgen Groh: Sie sieht jetzt auf der Virtual Reality Brille das Modell, das wir auf dem Bildschirm sehen? Dr. Stefan Seer: Genau. Die Kollegin trägt jetzt diese Brille, das so genannte Head Mounted Display, mit dem Sie sich direkt in dieser 3D Umgebung befindet. Wir sehen das was unsere Kollegin sieht auch auf dem Bildschirm. Sie kann sich jetzt in dieser Infrastruktur bewegen.
Jürgen Groh: Aber uns kann Sie jetzt nicht sehen oder? Dr. Stefan Seer: Nein, uns kann Sie jetzt nicht sehen. Sie sieht direkt diese Szene auf dem Bahnsteig und kann erleben, was denn dort gerade passiert. An welchen Stellen die Informationen angebracht sind. Dann sehen wir hier zum Beispiel einen U-Bahn Aufgang. Das ist eine Demonstration, um zu zeigen wie realitätsnah diese gesamte Umgebung ist. Jürgen Groh: Sind Sie auf diesem Markt ein Vorreiter oder haben Sie große Konkurrenz? Dr. Stefan Seer: Da wir ja aus dem Bereich Forschung und Entwicklung kommen, ist das was Sie hier sehen ein ganz neues Produkt, eine ganz neue Dienstleistung. Es ist also das erste Mal, dass man so etwas auf dem Markt bekommen kann. Jürgen Groh: Wie weit sind Sie mit dem System in der Planung – wird das schon benutzt? Dr. Stefan Seer: Die grundsätzliche Technologie und die Methodik die wir hier anwenden ist bereits schon in der Entwicklung an einem echten Planungsvorhaben getestet worden. Das ist am Hauptbahnhof in Wien passiert. Dort konnten wir die Methode testen. Jürgen Groh: Absolute Zukunftstechnologie. Wo geht jetzt die Reise hin in den nächsten 20 Jahren? Was ist da noch alles möglich? Dr. Stefan Seer: Momentan ist da noch sehr viel möglich. Wir sehen sehr viel Potenzial. Es ist denkbar das System nicht nur für Planer und Experten zu nutzen, sondern auch eine breite Masse zu informieren was Planungsvorhaben sind und dabei auch ein Feedback einzuholen. Wir kommen ja aus dem Bereich der Forschung und die Technologie bietet uns eine gute Grundlage für Untersuchungen. Welche Aspekte im Raum wirken gut auf die Personenflüsse und welche Punkte sind hinderlich. Dafür haben wir jetzt eine kontrollierte Testumgebung, die uns ermöglicht, ganz viele wertvolle Daten zu sammeln. Jürgen Groh: Dabei wünsche ich Ihnen alles Gute – bis in zwei Jahren dann. Dr. Stefan Seer: Vielen Dank!